Ich behaupte, Gesundheit ist im wesentlichen von drei sehr alltäglichen Dingen abhängig, von essen, denken und atmen. Ganz simpel und sehr, sehr komplex.
Von allen dreien insgesamt etwas weniger ist eine grobe aber gute Richtungsangabe. Übergewicht ist eine Hauptursache für Erkrankung und vorzeitigen Tod und laut WHO sind 2022 knapp 60% (200 Mio ) der erwachsenen Europäer übergewichtig. Zur Vollständigkeit ergänzt, es litten 828 Mio Menschen 2021 im Rest der Welt an Hunger.
Übermäßiges denken, macht fahrig, schlaflos und depressiv. Dies stelle ich ohne Referenzzahlen in den Raum und hoffe, Du kannst damit etwas anfangen und werde in einem weiteren Text darauf eingehen.
Denn eigentlich will ich auf das Atmen hinaus. Es heißt ja, viel frische Luft ist gesund. Und so ging ich bisher immer davon aus, je mehr davon desto besser. Mitnichten. Tatsächlich atmen viele Menschen falsch, nämlich zu viel und manövrieren sich mit einer chronischen Hyperventilation in Stoffwechselstörungen, Kreislauferkrankungen und ängstlichen Stress.
Seit März arbeite ich eher zufällig in einer Physiotherapie-Praxis, die auf Atemtherapie spezialisiert ist und etwa zur gleichen Zeit und ebenso zufällig hat mir eine liebe Freundin ein Buch mit dem Titel „Atem“ empfohlen. Das beste daraus will ich gern für dich zusammenfassen, nicht ohne enthusiastisch zu empfehlen es selbst zu lesen, denn es ist sehr unterhaltsam und transformativ. Also warum weniger atmen? Los geht’s.
Das Atemzugsvolumen ist bei der Nasenatmung deutlich geringer ist als bei der Mundatmung. Dennoch hat Nasenatmung hat gegenüber der Mundatmung viele Vorteile.
Die Luft wird erwärmt, befeuchtet und desinfiziert, was den Gasaustausch in der Lunge verbessert. Außerdem senkt Durch die Nase atmen den Blutdruck, normalisiert die Herzfrequenz, und verringert Schnarchen und Schlafapnoe signifikant. Und man atmet, verglichen mit der Mundatmung, 40% weniger Wasser ab, was besonders für Ausdauersportler sehr bedeutsam ist.
CO2 Kohlendioxid ist ein Stoffwechselprodukt der aeroben Energiegewinnung der Zellen und wird über das Blut hin zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Soweit bekannt, jetzt kommt das Spannende:
CO2 Rezeptor Luft enthält etwa viermal mehr O2 als wir aufnehmen können. Atmen wir also tiefer und schneller verändert sich unser Blutgasverhältnis weil wir mehr CO2 ausatmen. CO2 ist aber das wichtigste Signal an die Blutzelle, um den gebundenen Sauerstoff abzulösen und zu den Körperzellen zu transportieren. Das heißt, Kohlendioxid ist ein essentieller Parameter für eine effektive Atmung und nicht einfach nur Abgas. Deshalb ist der CO2 Partialdruck im arteriellen Blut der stärkste Atemreiz und nicht der Abfall des O2Gehalts. Auch, weil der Körper nur sehr geringe Schwankungen des Blut-Ph-Werts toleriert. Das Problem ist, das diese Chemorezeptoren bei jedem Menschen unterschiedlich sensibel sind. Wenig tolerante Rezeptoren lösen schon bei kleineren Belastungen, bzw. leicht steigenden CO2Leveln einen heftigen Atemreiz aus. Sie zwingen zum stehenbleiben, verschnaufen und hyperventilieren, bis die Blutgase sich normalisieren. Tolerantere Rezeptoren, bedeuten also bessere
Fitness.
Das ist genau das, was Athleten in den Anden tun. Sie desensibilisieren ihre Chemorezeptoren durch das Einatmen sauerstoffärmerer Luft in Kombination mit Belastung.
Dieses Hypoxietraining wird in anderer Form auch in der Psychotherapie für die Behandlung von Angsterkrankungen angewendet. Der Atemreiz aus besagten Chemorezeptoren aktiviert nämlich auch das sympathische Nervensystem, stimuliert also die Freisetzung von Cortisol und erhöht Blutdruck und Herzfrequenz. Eine Stressreaktion setzt ein, Blut fließt ab aus Großhirn und Verdauung und strömt vermehrt in die Muskeln. Wir werden hektisch und atmen schneller und flacher und werden über die Zeit chronisch ängstlich und nervös. Ein toleranter Glomus caroticus ist also auch für unsere Psychische Resilienz von großer Bedeutung weil auch schlechte Nachrichten oder oder eine stressige S-Bahnfahrt unsere Blutgaswerte verändern.
Die gute Nachricht ist, man muss nicht in die Anden fahren oder therapeutische Gasgemische einatmen. Eine Physiologische Alltagsatmung läßt sich leicht erlernen und für Trainingseinheiten mit den Chemorezeptoren benötigt man eigentlich nur eine Uhr mit Sekundenzeiger.
Eine gute Alltagsatmung bedeutet durch die Nase ein und aus in den Bauch mit guter Zwerchfellaktivität und einer vollständigen Ausatmung, die etwas länger als die Einatmung ist. Die eigene CO2 Toleranz pimpen ist möglich über Atemübungen mit verminderter Einatmung, Atempausen und verlängerter Ausatmung oder einfachem Luftanhalten.
Wer das genauer wissen will lese Breath von James Nestor oder für die Praktiker und gleich Losleger gibt es eine wunderbare App, die one deep breath heißt.
Damit Ihr auch in 40 Jahren noch munter mit mir um den See rennt.
(Wachst Du morgens immer mit einem Schreck und sorgenvollen Gedanken auf, ist dein existentiellstes Problem vielleicht einfach eine Schlafapnoe.)
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